Deutsche Anleger handeln nicht renditeorientiert

Obwohl aktuell selbst Tagesgeldkonten den Inflationsverlust in der Regel nicht auffangen, entscheiden sich viele Deutsche für eine noch schlechtere Geldanlage: Laut Bundesbank-Statistik werden aktuell 115 Milliarden Euro auf Sparkonten aufbewahrt. Die den Anlegern dadurch entstehenden Zinsverluste sind gewaltig.

Mit diesem ja nicht ganz neuen Thema hat sich aktuell die Studie „Tagesgeldkonto vs. Girokonto“ des Finanzexperten Udo Käßler beschäftigt, die kürzlich in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht worden ist. In dieser Studie wurden mithilfe der FMH-Finanzberatung zunächst die Durchschnittszinssätze für Tagesgeldanlagen und Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist in der Zeit von Januar 2003 bis September 2013 einander gegenübergestellt. Im zweiten Schritt wurde ermittelt, welche Zinsverlust ein Anleger erlitten hat, der in den vergangenen zwölf Monaten oder den vergangenen zehn Jahren für sein Erspartes kein Tagesgeldkonto gewählt, sondern überschüssige Liquidität auf dem Sparkonto angesammelt hat.

Die Ergebnisse lassen aufhorchen und sind bestens geeignet, die Vorliebe der deutschen Verbraucher zum guten alten Sparkonto zugunsten der doch deutlich attraktiveren Tagesgeldkonten schmelzen zu lassen.

Durchschnittliche Zinsunterschiede von fast 200 %

Eines kann vorangestellt werden: In der gesamten Zeitreihe hatte der Durchschnittszinssatz für gesetzliche Spareinlagen, der Spareckzins, unter dem jeweiligen Durchschnittswert für Tagesgeldanlagen gelegen. Aktuell liegt der Unterschied bei fast 200 %: Auf Tagesgeldkonten wurde zum Ende des Vormonats eine durchschnittliche Verzinsung von 0,73 % angeboten, auf Sparkonten waren es nur 0,25 %. Im Zehn-Jahres-Durchschnitt lag der Zinssatz auf Tagesgeldkonten bei durchschnittlich 1,81 %, während für Guthaben auf dem Sparkonto im gleichen Zeitraum nur eine Bruttorendite mit 0,84 % erzielbar gewesen ist.

Ertragseinbußen von mehr als 1.000 € bei einer Anlage von 10.000 €

Für einen Anleger, der seit Anfang 2013 einen Betrag von 10.000 Euro auf einem Sparkonto statt auf einem Tagesgeldkonto liegen hatte, bedeuten die Zinsunterschiede schon einen Zinsverlust von 43 Euro. Doch deutlicher werden die Vorteile von Tagesgeldkonten im Zehn-Jahres-Vergleich. Denn wer von Anfang 2003 bis Ende September 2013 einen Betrag von 10.000 Euro als Tagesgeld angelegt hatte, darf sich im Vergleich zu dem Sparer mit einer gleich hohen Einlage auf einem Sparkonto laut Käßler über einem Mehrertag von 1.137 Euro freuen.

Top-Zins-Angebote & Aktionsangebote nicht berücksichtigt

Nicht in die Ergebnisse eingeflossen sind die befristeten, aber garantierten Zinsvorteile, die Neukunden regelmäßig von vielen deutschen Top-Anbietern wie der ING-DiBa, der 1822direkt, der DAB bank und anderen unterbreitet werden. Auch die Top-Offerten vieler ausländischer Anbieter wie beispielsweise die von MoneYou oder der RaboDirect sind in der Studie natürlich unberücksichtigt geblieben; Basis war der jeweilige Durchschnittszinssatz aller Anbieter.

Bekanntlich haben die vorgenannten Top-Offerten ihre Nachteile. Sie gelten mit Blick auf die Garantiezinsofferten für Neukunden nur für wenige Monate oder beinhalten wie die variablen Top-Angebote vieler ausländischer Institute nur eine begrenzte Einlagensicherheit. Doch das ist kein Grund, die Offerten auszuschlagen: Bei den genannten Garantiezins-Anbietern liegt der variable Zinssatz nach Ablauf der Zinsgarantie noch immer ganz leicht (1822direkt: 0,75 %) bis deutlich (ING-DiBa: 1,00 %) über dem aktuellen Durchschnittszinssatz von nur 0,73 %. Und die bei vielen ausländischen Anbietern bei 100.000 Euro gezogene Einlagensicherungsgrenze dürfte für den Durchschnittsverbraucher eher keinen Nachteil bedeuten.

Deutsche Verbraucher bevorzugen unverzinsliche Geldanlagen

Wirklich erstaunlich sind die Erkenntnisse, die aus einer anderen, der Welt angabegemäß vorab vorliegenden Studie gewonnen worden sind. Das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid hatte einem aktuellen Bericht in der Welt zufolge im Auftrag der Postbank nach dem Sparverhalten der deutschen Verbraucher gefragt. Was wir nicht erwartet hätten: In fast jedem zweiten Haushalt stellt sich nicht die in den vorstehenden Ausführungen klar beantwortete Frage, ob das Tagesgeldkonto oder das Sparkonto die bessere Anlageform darstellt. Vielmehr parken 45,2 % aller zwischen Ende August und Anfang September befragten Verbraucher ihr Erspartes auf dem Girokonto.

Sofern sie das bei der DAB bank oder der einem bei der netbank geführten Gehaltskonto tun, erhalten sie zumindest noch eine Verzinsung in Höhe des Spareckzinses. Doch in der Regel bleiben Guthaben auf Girokonten unverzinst. Wer sich dennoch für diese „Anlagemöglichkeit“ entscheidet, könnte folglich seine Spargroschen auch unter dem Kopfkissen aufbewahren. Und ähnlich verhalten sich tatsächlich 21,9 % aller Befragten. Sie gaben an, nicht benötigte Liquidität daheim aufzubewahren und begründeten dieses Verhalten mit der damit verbundenen Sicherheit und der jederzeitigen Verfügbarkeit. Nur 16,9 % aller Befragten gaben an, durch Investitionen in Aktien und Fonds nach einer besseren Rendite zu suchen.

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